Mittwoch, 6. Mai 2015

Autoren und ihre Planung

Dass es zahlreiche Arten von Autoren gibt, ist mittlerweile vermutlich allseits bekannt. Und damit meine ich nicht das Genre, in dem geschrieben wird, sondern die Art wie der Autor arbeitet. Ein Blick in die Bestsellerlisten verrät das bereits. Es gibt Autoren, die schreiben wie am Fließband und man fragt sich, wie viele Ghostwriter diese eigentlich haben, um solch irre Veröffentlichungsraten halten zu können. Andere brauchen Jahrzehnte, um ein Buch zu schreiben.
Und nein, das liegt nicht nur daran, dass einige Autoren "nur" Auftragsarbeiten machen, während andere nach Jahrzehnten ihr Lebenswerk veröffentlichen.
Das liegt vielmehr daran, dass Autoren nun einmal in erster Linie Menschen sind.
Man schaue in eine x-beliebige Universität oder eine sonstige Institution, in der Menschen bei relativ freier Zeiteinteilung Leistungen erbringen müssen. Es wird immer die Gruppe geben, die sofort recht strukturiert beginnt, sich an ihren Zeitplan hält und ihre Arbeit zumindest pünktlich fertig hat. Dann wird es die völlig planlose Gruppe geben, die die Hauptarbeit in der Nacht vor der Abgabe erledigt. Und dann gibt es, wie immer, auch noch das Zwischendrin: Menschen, die geplant beginnen, zwischendrin aber vom Weg abkommen und die Hauptarbeit doch im letzten Drittel der Zeit erledigen muss, oder die Menschen, die nur grob planen, aber damit recht gut fahren.
Und genau so ist es auch bei den Autoren.

Es gibt Autoren, die haben ihren Fahrplan. Das heißt, sie wissen, welche Geschichte sie jetzt in Angriff nehmen, haben die Geschichte durchgeplant und wissen auch, in welcher Zeit sie sie herunterschreiben können, vorausgesetzt es kommen nicht mindestens mittelschwere Katastrophen dazwischen. Dann gibt es Autoren, die völlig aus dem Bauch heraus an ihre Werke herangehen und keine Ahnung haben, wie lang ein Werk wird, was darin geschieht, oder wann sie fertig sein könnten.
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es keine Deadline für das entsprechende Werk gibt. Dann muss sich nämlich auch der intuitivste Bauchschreiber ein wenig zusammenreißen und versuchen, sich zu fokussieren, aber gehen wir einmal von einem Autoren in meiner luxuriösen Position aus. Schreiben ist bei mir nach wie vor ein Hobby. Ein sehr ernsthaft betriebenes Hobby zwar, aber nichtsdestotrotz ein Hobby. Ich muss nicht von dem Geld leben, das ich mit dem Schreiben verdienen kann, ich muss damit nicht meine Versicherung bestreiten und ich muss dem Finanzamt auch nicht erklären, dass ich mich wirklich als selbstständige Autorin über Wasser halten kann. Also ist es für mich egal, wie viele Romane ich in einem Jahr fertig bekomme. Ist es keiner, kratzt das vielleicht an meinem Ego, aber nicht an meiner Existenz.

Deshalb ist meine Arbeitsweise auch bestimmt nicht als das NonPlus-Ultra anzusehen. Zumal es gerade beim Schreiben so ist, wie bei so vielem im Leben: Nur weil es für eine Person funktioniert, ist es nicht für alle nützlich und schon gar kein heiliger Gral!

Ich kenne Autoren, die zum Beispiel grundsätzlich nur an einer einzigen Geschichte zur selben Zeit arbeiten können. Oder die alles durchplanen müssen und die von jedem einzelnen Kapitel zunächst die Grundzüge kennen müssen, ehe sie auch nur ein einziges Wort an der Geschichte schreiben.
Und dann gibt es Autoren wie mich, die grundsätzlich mehere Eisen im Feuer haben, kribbelig werden, wenn sie zu lang am gleichen Projekt sitzen und sich bereits unwahrscheinlich strukturiert vorkommen, wenn sie nicht nur Anfang und Ende der Geschichte, sondern auch Bröckchen vom Mittelteil kennen.
Es gibt da kein Falsch oder Richtig, sondern lediglich eine Arbeitsweise, die für einen persönlich funktioniert oder eben nicht.

Bei mir ist es zum Beispiel eben das quasi gar nicht Planen und meine Arbeitsweise, dass ich viele Eisen im Feuer haben möchte.
Allerdings habe ich auch grundsätzlich mehr Ideen, als selbst ich zur gleichen Zeit bearbeiten kann, ohne mich völlig zu verzetteln. Heißt, ich führe neben den Projekten her auch noch quasi eine Warteliste, Projekte, die dann angefangen werden, wenn mindestens eins der Aktiven beendet oder für tot erklärt wird.
Diese Liste ist aber nicht in Stein gemeißelt, wie ich immer wieder feststellen darf. Es kommt vor, dass mich irgendwo plötzlich die Inspiration für ein Projekt, das irgendwo ganz hinten auf der Warteliste steht, überfällt und ich diese Inspiration nutzen muss, also überholt das Projekt auf einmal alle anderen.
Das Ganze ist mir gerade wieder einmal passiert. Das kann ich nicht vorhersehen, manchmal stürzt sich die Inspiration einfach mit Zähnen und Klauen auf mich und weigert sich, mich an etwas anderem arbeiten zu lassen, als an einem bestimmten Projekt. Das kann Wochen anhalten oder auch nur einen einzigen Tag. Inspiration ist bei mir ein unberechenbares Ding. Aber das macht das Ganze auch so schön abwechslungsreich.
Mein Autorendasein lässt sich mit einer Reise ins Unbekannte ohne allzu große Gefahren vergleichen. Hinter jeder Ecke wartet etwas Neues, alle paar Kilometer entdecke ich eine neue Abzweigung und schlage einen neuen Weg ein und genau das ist es, was das Schreiben so schön macht!